EG3 – Vergasertuning
Vorneweg: Ja, finanziell sinnvoll ist es nicht unbedingt. Ja, es kommen keine großen Leistungssteigerungen dabei heraus. Und Ja, Verständnis gibt’s dafür auch nicht überall.
Da das geklärt ist: Es macht eine Menge Spaß und man lernt etwas dabei. Außerdem sind die Teile vergleichsweise günstig. Was ich hier schreibe, ist keine Vermutung, sondern über Jahre ausprobiert worden. Manches funktioniert in der Theorie anders besser – ja. Aber meine Erfahrungen zeigen teilweise andere Ergebnisse. Das ist so, daher diskutiere ich darüber nicht mehr.
Der Beitrag ist als Zusatz zum altbekannten EG3-Tuningguide und als Ergänzung zum alten Thread von KERL (http://hondapower.de/forum/showthrea...light=Vergaser) zu verstehen. Seitdem sind ein paar Jahre vergangen und da ich immer mal wieder gefragt wurde, was mein EG macht, hab ich mich entschlossen, dass nun doch nochmal aufzuschreiben.
Danksagung:
KERL, der genauso interessiert an der Sache ist wie ich.
deFrezzer, der sich meinen Wahnsinn antut und die Möglichkeit zum Gemisch ausmessen bereit stellt.
hot wok, der mir immer günstig EG3 Teile angeboten hat.
Voraussetzungen:
Auf die Standart-Mods gehe ich nicht mehr ein. Einiges kann bei KERL nachgelesen werden. Daran habe ich mich auch orientiert. Vorausgesetzt ist, das der Drosselklappenanschlag entfernt wurde, das Sieb entfernt wurde, der Luftmengenbegrenzer im Luftfilterkasten entfernt wurde und der Unterdruckschlauch Nr. 3 blockiert ist. Ein veränderter Ansaugschlauch in 70mm Durchmesser ist nötig, um die höhere Luftmenge zuzuführen. Das Loch in der Seitenwand muss auf das gleiche Maß erweitert werden. Die Zündung kann minimal vorgestellt (Zündverteiler 2-3mm verdrehen) werden, ohne Probleme zu riskieren. Komplette Sportauspuffanlage in durchgängig 50mm Durchmesser wird benötigt. Das bedeutet: 4-2-1 Fächerkrümmer, original Kat, 50mm MSD ohne Engstellen und 50mm Endtopf. Ich nutze seit Jahren einen Twinloop-Muffler und kann dessen drehmomentsteigernde Wirkung am EG3 nur empfehlen (!).
Mit dieser Konfiguration wurde mein EG3 mit 101,5 PS eingemessen und fährt seit mehreren Jahren und ~80.000 km mit den Veränderungen problemfrei im Alltag. AU ist übrigens noch nie ein Problem gewesen.
Nun soll noch ein bisschen mehr Leistung durch das bearbeiten des Vergasers hinzukommen.
Worum geht’s?
Der EC8 und der EG3 haben einen Zweistufen-Registervergaser verbaut, dessen zwei Drosselklappen nacheinander öffnen. Die Vergaseranlage ist an sich recht gut, hat aber ein paar Nachteile, auf die ich noch eingehe. Trotzdem kann damit auch eine relativ (zur Originalleistung) hohe Leistung realisiert werden. Dafür sollte der Vergaser optimiert werden. Die einzelnen Schritte beschreibe ich mal exemplarisch an meinem und versuche auch darzustellen, was sich ändert. Ziel ist die Luftmenge, die durch den Vergaser in den Motor kommt, zu erhöhen. Dazu werden alle Hindernisse im Vergaser entfernt, später evtl. die Spritmenge angepasst.
Aufbau und Teile:
Der Vergaser besteht aus mehreren Teilen, die ich kurz benenne, in der Vergangenheit gab’s da mal Verwirrung.
- Vergaseroberteil inkl. Kaltstartklappe und Schwimmer
- Vergaserunterteil inkl. Lufttrichtern
- Drosselklappenplatte mit Stufe 1 und 2
- Vorzerstäuber-Düsen
- Vorzerstäuberdüsen-Halter
- Unterdruckdosen, Schläuche, Halterungen, etc.(hier nahezu unwichtig)
Drosselklappenteil:
Im Folgenden werden beide Drosselklappen als Stufe 1 und Stufe 2 bezeichnet. Stufe 1 ist für den unteren Drehzahlbereich zuständig und versorgt bis ca. 4500upm den Motor allein mit Gemisch. Stufe 2 ist der größere Lufttrichter im Vergaser. Stufe 1 wird ca. bei 4500upm geöffnet und ist vorrangig für den hohen Drehzahlbereich zuständig. Stufe 1 ist der kleinere Lufttrichter im Vergaser.
Die beiden Stufen können recht einfach verändert werden:
1) Drosselklappenanschlag von Stufe Zwei entfernen, damit die Klappe komplett öffnet.
2) Unterdruckschlauch Nr.3 verschließen, damit Stufe Zwei bei ca. 4500upm voll öffnet.
Damit sind die Plug and play Lösungen erschöpft. Es gibt aber noch mehr Möglichkeiten...
Als erstes ist festzustellen, dass die Vergaser vom Werk nicht nachbearbeitet wurden, gibt also genug Gussgrate, die man entfernen kann. In den Lufttrichtern und Vorzerstäubern sind umlaufende Gussgrate, die entfernt werden. Die Trichter innen glatt schleifen, aber den Durchmesser nicht ändern!
Als Zweites sieht man, dass die originalen Spreizschrauben den Durchlass an den Drosselklappen massiv verengen und die Drosselklappenachsen sehr massiv ausgelegt sind. Die Spreizschrauben werden entfernt, die Achsen auf das Maß der originalen Auflagefläche der Drosselklappenschraube heruntergefeilt. Dann werden M4 Senkkopfschrauben mit Schraubensicherung zur Befestigung der Drosselklappen verwendet. Wichtig ist das Ansenken der Löcher, wobei keinesfalls zu tief gesenkt werden darf, die Achsen sind dann wirklich dünn und reißen schnell aus. Lieber erstmal grob senken und dann mit einem kleineren Bohrer nachsenken.Besonders darauf achten, das die Klappen nicht falsch herum verbaut werden, die Kanten sind abgeschrägt. Sind die falschrum montiert, können die Klappe klemmen - Gefährlich!
Der Aufbau der Teile an den Drosselklappenachsen ist ein wenig diffizil, wenn man sich aber alles in geordneter Reihenfolge hinlegt und die Federspannungen beachtet, aber auch kein Riesenproblem.
Das gleiche kann bei der Kaltstartklappe gemacht werden, da habe ich aufs herunterfeilen der Achse verzichtet, die ist eh schonsehr dünn. Es wurde nur M3 Senkkopfschrauben eingesetzt.
Vorzerstäuber
Der Vergaser ist anders aufgebaut als ein einfacher Motorradvergaser. Er saugt das Benzin nicht direkt durch eine Hauptdüse, sondern durch Vorzerstäuber. In diese sind Vorzerstäuberdüsen eingesetzt – Sinn ist eine optimale Gemischbildung. Die Düsen sind unterschiedlich: Bei Stufe 2 ist die Düse wie ein unten geschlossenes Siebrohr ausgeführt, bei Stufe 1 ist es ein durchgängiges, am Ende verjüngtes Röhrchen.
Die Düsenträger (hier als Vorzerstäuber bezeichnet) sind ebenfalls von Produktionsrückständen übersäht. Innenliegende Gussgrate und außenliegende Rest von der Gussform stören den Luftfluss – entfernen. Hier sollte eine schlanke Form erreicht werden, ohne zuviel an Stabilität einzubüßen. Immer dran denken: die eine Seite wird im Vergaser durch eine Madenschraube geklemmt, die andre dichtet gegen das Vergaseroberteil ab und trägt die Vorzerstäuberdüse. KERL hat damals den Durchmesser noch verdünnt, das habe ich nicht gemacht, sondern nur die Form strömungsgünstiger gefeilt. Außen sind viele Kanten, die habe ich entfernt.
An den Zerstäuberdüsen habe ich nichts geändert. Das hat einen Grund: Keiner konnte bisher sagen, wie sich das auswirkt. Da die Teile eh nur zur Vorzerstäubung des Gemischs dienen, lasse ich die, wie sie sind. Man könnte evtl. noch was ändern, aber damit würde nur die Durchflussmenge zunehmen, die Durchflussgeschwindigkeit aber abnehmen.
Wenn dann alles montiert ist, sieht das dann so aus:
Als letztes sollte unbedingt die Kunststoffplatte direkt auf dem Ansaugkrümmer bearbeitet werden, bei mir gab es da einen beachtlichen Kernversatz von 2-4 mm. Da diese Platte aus Kunststoff ist, empfiehlt sich eine scharfe Halbrundfeile fürs Grobe erweitern und dann 600er Nassschleifpapier um alles zu glätten. Optimal ist es, eine leichte Trichterform weiter bei zu behalten. Das Drosselklappenteil kann zum kontrollieren ohne Klappen aufgesetzt werden, da sieht man es gut.
Nun sind schon alle Luftrelevanten Änderungen durchgeführt. Die Spritmenge wurde bisher nicht betrachtet – Warum?
Der EG3 Vergaser ist von Haus aus recht fett gedüst. Auch bei deutlich höheren Leistungen als 75 PS passt das Gemisch noch gut. Mein EG3 hat belegte 101,5 PS (+X, weil die Messung ewig her ist), der AFR-Wert liegt bei 13,6 unter Volllast im UNBEARBEITETEN Vergaser – also okay. Sicher liegt es daran, das ab Werk genug Sicherheit, also fetteres Gemisch, eingestellt wurde. Benzinüberschuss wird durch das Steuergerät mit dem EACV nachgeregelt.
Durch die aufgezeigten Änderungen am Vergaser und der damit verbundenen Erhöhung der Luftmenge ist davon auszugehen, dass die AFR-Werte nach der Vergaserbearbeitung nicht mehr passen könnten. Es gibt dazu die Möglichkeit, die Spritmenge zu erhöhen oder die Luftmenge zu begrenzen (wobei das das Gegenteil vom zu erreichenden Ziel wäre).
Erhöhen der Benzinmenge:
Die Spritmenge, die der Motor vom Vergaser bekommt, kann durch die Erhöhung der Durchflussgeschwindigkeit (bei konstantem Durchmesser) oder der Durchflussmenge (bei konstantem Ansaugunterdruck) erhöht werden. Da ich den Ansaugunterdruck nicht steuern kann, bleibt nur die Änderung der Durchflussmenge. Die Durchflussmenge wird zu großen Teilen von den Vergaserdüsen in der Schwimmerkammer bestimmt. Diese sitzen am Boden der Schwimmerkammer und sind sehr schwer zu erreichen.
Das größte Manko am EG3 Vergaser ist, das die Düsen fest eingepresst und nicht geschraubt sind. Dadurch muss man sich genau überlegen, was man ändert. Übertreibt man es, ist der Vergaser hin, weil er dann immer überfettet.
Es gibt zwei Fenster in der Schwimmerkammer, eins um den Schwimmer einzustellen (das mit dem Schauglas) und eins, dass den Zugang zu den Düsen ermöglicht. Durch diesen sind sie vermutlich auch eingepresst worden. Die Düsengrößen sind aufgedruckt. Stufe 1 hat die Größe 150 (1,5mm), Stufe 2 die Größe 98 (0,98mm).
Die Düsen werden zur Gemischanfettung mit Reibahlen aus dem Motorradzubehör aufgerieben. Das genaue Maß ist individuell für jeden Motor und kann nicht angegeben werden, da die Düsen nach dem Aufreiben nicht mehr messbar sind (die Düsenfühlerlehren gehen nur in Stufen von 130,140, 150 – keine Feinabstimmung möglich). Das ist tricky, weil es mit Sinn und Verstand geschehen muss – es gibt da noch keine Erfahrungswerte. Noch.
Sobald die Dichtungen von Honda angekommen sind, montiere ich den Vergaser, messe das Gemisch mit der Breitbandlambda aus und entscheide dann, wie weit die Düsen aufgerieben werden.
...und der Ansaugkrümmer?
Der Ansaugkrümmer ist auch immer ein Teil, an das gedacht wird, um mehr Gemisch in den Motor zu bekommen. KERL hat den damals auch massiv erweitert. Richtig ist: Die Runner sind lang und sehr sehr dünn im Vergleich zur Dichtfläche. Richtig ist auch: Vergrößere ich den Querschnitt der Runner, geht zwar mehr Gemisch durch, die Durchflussgeschwindigkeit nimmt aller Wahrscheinlichkeit aber ab. Siehe oben, Steuerung des Ansaugunterdrucks nicht möglich. Deswegen lasse ich den Ansaugkrümmer wie er ist. Möglich wäre eine zusätzliche Leistungssteigerung im oberen Drehzahlbereich mit Verschiebung des Drehzahlbandes nach oben – das will ich aber nicht. Die Alltagstauglichkeit und Drehmoment von unten heraus sind mir wichtiger.
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